Die Forex mit ihren gigantischen Möglichkeiten, der hohen Liquidität und den überaus interessanten Kursbewegungen wirkt auf neue und erfahrene Trader so anziehend wie kein weiterer Markt. Jedoch verlangt die Forex auch eine unerhörte Disziplin beim Trading, an der sehr viele Klein- und selbst Großanleger scheitern. Diese Disziplin bewirkt nach den Worten den US-Wirtschaftsjournalisten Charles Duhigg (*1974, Publizist bei der New York Times) die höchste – auch akademische – Performance, sie ist nach seiner Auffassung wichtiger als intellektuelle Begabung. Trader, die in der Forex aktiv werden, sollten das im Hinterkopf behalten.
Forex und Gefühle
Bei jedem realen Kapitaleinsatz an der Börse entstehen Gefühle, ob sie der Trader nun zulässt oder leugnet. An der Forex können sie schnell überschießen, denn längere Stagnationsphasen gibt es fast nie. Trader mit etwas Erfahrung wissen, dass sie ein Derivat auf eine Aktie, einen Rohstoff und selbst auf einen Index ruhig einige Stunden oder Tage unbeobachtet „liegen lassen“ können, dass so eine Taktik jedoch an der Forex regelmäßig versagt. Es passiert zu viel und das auch noch zu schnell, als dass man sich über Stunden oder gar Tage nicht damit auseinandersetzen müsste.
Nun wird viel mit virtuellem Kapital experimentiert (Demokonto) und „geübt“ (es gibt an der Börse nichts zu „üben“), jedoch wenn es um das eigene, hart erarbeitete Geld geht, sieht die Sache anders aus. Aus der reinen Analyse als unabhängigem Vorgang einer Beobachtung nach dem Motto „mal sehen was geht“ wird plötzlich handfester Ernst. Trader gehen schnell zwischenzeitlich pleite, jobben dann wieder, um Kapital beiseitezulegen, und fangen von vorn an.
Mit wachsender Erfahrung ist ihnen das immer mehr bewusst, sie kennen allmählich den Unterschied zwischen dem analytischen Beobachten von Mustern und dem Traden mit echtem Kapital. Wenn dieses bedroht ist, werden vorherige Analysen schnell über den Haufen geworfen. Die Entscheidung muss dann schnell getroffen werden, an der Forex häufig blitzschnell. Die dabei entstehenden Gefühle hält ein Mensch über einige Stunden und manchmal Tage durch, doch kaum jemand verkraftet emotional unbeschadet einen länger andauernden Misserfolg an der Forex.
Disziplin beim Trading an der Forex
Viele Trader überschätzen ihre Disziplin bei Weitem. Wer es nicht glaubt, möge folgendes Experiment durchführen (Echtgeld-Brokerkonto vorausgesetzt): Er entwerfe eine Forex Strategie mit einem durchdachten Stopplossmanagement, das beispielsweise hinter einen signalindizierten Einstieg mit geringem Kapital drei Stopps nachzieht, diese zunächst eng untereinander stellt und mit fortlaufendem Kurs in die richtige Richtung auffächert. Diese Strategie ist sehr erfolgsträchtig, aber nicht verlustfrei. Es gibt Draw-downs, jedoch bei fortlaufender Kumulation überdurchschnittlich hohe Gewinne.
Nachdem der Trader das einen Monat lang mit virtuellem Kapital „geübt“ und damit einen signifikanten virtuellen Gewinn generiert hat, nehme er nun haargenau in derselben Größenordnung echtes Kapital und setze es ein. Schnell wird der Trader feststellen, dass sich sein Verhalten gegenüber dem virtuellen Trading drastisch verändert. Zu hoch ist die Versuchung, Verluste so knapp wie nur denkbar zu halten (manchmal nicht sinnvoll), Gewinne zu schnell mitzunehmen (immer sinnlos) oder gar auf Stopps zu verzichten, um einen Rückschlag „auszusitzen“ (im Aktienmarkt manchmal erfolgreich, an der Forex tödlich).
All diese kontraproduktiven Verhaltensweisen inklusive des berüchtigten Overtradings und manischen Herumspielens an den Stopps hat der Trader beim virtuellen Trading vermieden. Damit ist klar, wie wichtig Disziplin gerade beim Einsatz echten Geldes ist. Die These von Charles Duhigg wäre damit bestätigt, denn analytisch und somit intellektuell machen die Trader alles richtig, nur ihre Selbstdisziplin lässt zu wünschen übrig.
Wie ist Disziplin an der Forex zu erlernen?
Wenn Trader ein Konzept gefunden haben, das mit virtuellem Geld funktioniert und das sie intellektuell begründen können, von dem sie also recht fest und für alle Forex-Märkte überzeugt sind, müssen sie sich mit geringem Kapital zwingen, das Konzept durchzuhalten. Das ist die älteste Übung der Welt, die viele andere Bereiche des menschlichen Lebens ebenso betrifft. Ein Autofahrer muss auch an der roten Ampel anhalten. Nichts anderes ist an der Forex vonnöten.
Oliver ist Finanzredakteur für finanzfans.info. Oliver hat schon viele Jahre Erfahrung als Investmentbanker und schreibt nebenher als Freischaffender für einige große Finanzmagazine und Blogs.